Retroreflektierende Folien (Reflexfolien)

 

 

Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen müssen nicht nur am Tag, sondern auch bei Dunkelheit bzw. in der Nacht gut erkennbar sein. Hierbei ist stets das gleiche Erscheinungsbild zu gewährleisten (Tag- / Nachtgleichheit). Aus diesem Grund werden zur Herstellung von Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen retroreflektierende Folien eingesetzt. Die Besonderheit dieser Folien besteht in der Fähigkeit, auftreffendes Licht zurück zur Lichtquelle zu reflektieren. Das von den Fahrzeugscheinwerfern abgestrahlte Licht wird vom Verkehrszeichen zurück zum Fahrzeug und damit zum Fahrzeugführer reflektiert. Diese Eigenschaft ist die Grundlage für die Sichtbarkeit von Verkehrszeichen, Absperrgeräten und Fahrbahnmarkierungen bei Nacht.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In den vergangenen Jahren wurden zahlreiche neue Produkte im Bereich der retroreflektierenden Folien entwickelt bzw. eingeführt. Hier sind insbesondere Folien auf der Basis von Mikroprismen zu nennen, welche inzwischen von allen etablierten Herstellern produziert werden. Da die Produktvielfalt mit den bisherigen Begriffen (Typ I, Typ II, und Typ III) nicht länger unterschieden bzw. kategorisiert werden konnte, wurden neue Bezeichnungen eingeführt. So waren z.B. mit dem "Typ II" der Rückstahlwert (min. 180 cd lx-1m-2) und der Aufbau (eingekapselte Mikroglasperlen) gleichermaßen erfasst. Das Pendant in Mikroprismentechnologie lässt sich damit nicht unter "Typ II" einordnen, da der konstruktive Aufbau ein anderer ist. Entsprechend werden die Rückstrahlwerte und der konstruktive Aufbau jetzt getrennt voneinander genannt, um eine eindeutige Zuordnung der verschiedenen Produkte sicherzustellen. Man unterscheidet die Rückstrahlklassen RA1,  RA2 und RA3 sowie den konstruktiven Aufbau A, B und C:

 

 

 

 

 

 

Unterscheidung nach
spezifischem Rückstrahlwert

 

Unterscheidung nach
konstruktivem Aufbau

 

 

RA 1

min. 60 cd lx-1m-2

und

Aufbau A

eingebundene Mikroglasperlen

 

 

RA 2

min. 180 cd lx-1m-2

 

Aufbau B

eingekapselte Mikroglasperlen

 

 

RA 3

min. 300 cd lx-1m-2

 

Aufbau C

Mikroprismen

 

 

 

 

 

 

Folien mit der ehemaligen Bezeichnung Typ I (eingebundene Mikroglasperlen mit min. 60 cd lx-1m-2) entsprechen der Klasse RA1 und dem Aufbau A. Die klassische Folie Typ II (Wabenfolie mit mindestens 180 cd lx-1m-2) entspricht wiederum der Klasse RA 2 und dem Aufbau B (eingekapselte Mikroglasperlen). Folien mit ähnlichen Rückstrahlwerten aber mikroprismatischem Aufbau entsprechen ebenfalls der Klasse RA 2, allerdings dem Aufbau C (Mikroprismen). Höchstreflexfolien (ehem. Typ III) erzielen den höchsten Rückstrahlwert RA 3, und sind bisweilen nur als Aufbau C (Mikroprismen) erhältlich. Genau genommen lässt sich hier auch noch zwischen RA3A (lange Distanz) und RA3B (kurze Distanz) differenzieren. Inzwischen existieren auch mikroprismatische Produkte der Klasse RA 1 (Bezeichnung RA 1, Aufbau C). Entsprechend lassen sich also alle drei Rückstrahlklassen mit mikroprismatischen Folien (Aufbau C) realisieren, womit die in den 50er Jahren etablierte Glasperlentechnologie (Aufbau A und B) immer mehr an Bedeutung verliert.

 

 

 

 

 

RA 1 / Aufbau A
(ehem. Folie Typ I)

RA 2 / Aufbau B
(ehem. Folie Typ II)

RA 3 / Aufbau C
(ehem. Folie Typ III)

eingebundene Mikroglasperlen

eingekapselte Mikroglasperlen

Mikroprismen

 

 

 

 

 

Erläuterung verschiedener Kurzbezeichnungen (3M):

 

 

 

Kürzel

Bezeichnung

Serie

Aufbau / Technologie

alter Begriff

neuer Begriff

 
 

EG

Engineer Grade

3290I

eingebundene Mikroglasperlen

Typ 1

RA 1, Aufbau A

 
 

EGP

Engineer Grade Prismatic

3430

Mikroprismen

-

RA 1, Aufbau C

 
 

HIG

High Intensity Grade

3870

eingekapselte Mikroglasperlen

Typ 2

RA 2, Aufbau B

 
 

HIP

High Intensity Prismatic

3930

Mikroprismen

 -

RA 2, Aufbau C

 
 

VIP

Visual Impact Performance

3990

Mikroprismen

Typ 3

RA 3, Aufbau C

 
 

DG³

Diamond GradeTM

4090

Mikroprismen (auf Effizienz optimiert)

Typ 3

RA 3, Aufbau C

 

 

 

 

 

 

Makroaufnahmen verschiedener Reflexfolien

 

 

 

 

Folie der Klasse RA1 Aufbau A (Nikkalite 8100) - eingebundene Mikroglasperlen

 

 

 

 

 

 

 

Folie der Klasse RA1 Aufbau C (3M 3430) - Mikroprismen

 

 

 

 

 

 

 

Folie der Klasse RA2 Aufbau B (Oralite 5810) - eingekapselte Mikroglasperlen

 

 

 

 

 

 

 

Folie der Klasse RA2 Aufbau C (Avery T6500) - Mikroprismen

 

 

 

 

 

 

 

Folie der Klasse RA3 Aufbau C (3M 4090) - Mikroprismen

 

     

 

Herstellerkennung der bisherigen Folien vom Typ II - jetzt RA2, Aufbau B (eingekapselte Mikroglasperlen)

 

     
 
 

3M

Avery

KCI

NCI

Orafol

Muster:

 

 

 

 

 

Die Muster waren bisher der Glasperlen-Technologie vorbehalten, werden aber - je nach Hersteller - auch zur Kennzeichnung der Klasse RA2/C sowie RA3/C eingesetzt. Zur Unterscheidung ist daher zusätzlich auf die Prismenstruktur, Wasserzeichen und Lasermarkierungen zu achten. So verwendet z.B. die prismatische Folie des Herstellers AVERY ähnliche Waben wie sie bei den bisherigen HIG-Folien von 3M eingesetzt wurden. Bei genauer Betrachtung zeigt sich aber, dass das Wabenmuster schräg zur Fertigungsrichtung der Folie liegt und unabhängig von den einzelnen Prismenfeldern ist. Die Prismenfelder sind wiederum quadratisch und enthalten jeweils verschiedene Ausrichtungen der einzelnen Prismen. Diese besondere Struktur wird je nach Betrachtungswinkel deutlich sichtbar.

Anordnung der Prismenfelder / Avery T-6500

 

 

 

 

 

Folien der Kategorie RA1 / Aufbau A (ehem. Typ I) lassen sich in der Regel nur über die jeweiligen Wasserzeichen unterscheiden. Als Besonderheit ist die RA1 - Mikroprismenfolie von 3M (3430)  - daher Aufbau C - zu nennen, welche bei flüchtiger Betrachtung mit der 3M 3930 verwechselt werden kann. Während letztere über regelmäßige graue Striche verfügt, fehlen diese beim Pendant der Klasse RA1. Zudem ist in regelmäßigen Abständen die Bezeichnung "EGP" (Engenieer Grade Prismatic) enthalten. Anhand dieser Merkmale lassen sich beide Folien unterscheiden.

 

 

 

 

 

 

3M

Avery

KCI

NCI

Orafol

RA 1 / A
eingebundene Mikroglasperlen


3290I


T-1500


2000


8100


5710

           

RA 1 / C
Microprismen


3430

---

---

---

---

           

RA 2 / B
eingekapselte Mikroglasperlen


3870


T-5500


22000


800


5810

           

RA 2 / C
Microprismen


3930


T-6500


55000*

---


5910

           

RA 3 / C
Microprismen


4090


T-7500B


59000


92000


6910*

 

 

* bisher keine Freigabe der BASt. Vorläufige Freigabe ggf. erteilt.

 

 

 

 

 

Hinweise zur Anwendung in der Praxis
Obgleich der technische Fortschritt im Bereich der Reflexfolien zu begrüßen ist, resultiert aus der erweiterten Produktvielfalt insbesondere auf Anwenderseite eine größere Verantwortung im Umgang mit Verkehrszeichenfolien bzw. fertigen Verkehrszeichen. Zunächst ist festzuhalten, dass in Deutschland zur Fertigung von Verkehrszeichen ausschließlich Reflexfolien mit Freigabe der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) eingesetzt werden dürfen. Diese Produkte werden durch die Güteschutzgemeinschaft Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen unter Beteiligung der BASt geprüft und entsprechen den jeweils gültigen Vorgaben wie nationalen bzw. europäischen Normen (DIN 67520 und DIN EN 12899). Entsprechend ist vom Einsatz preiswerter, aber nicht zugelassener Produkte abzuraten, da diese den umfangreichen Anforderungen in der Regel nicht genügen. Allerdings werden auch bei der Verwendung zugelassener Reflexfolien viele Fehler gemacht, welche insbesondere im Anwendungsbereich der vorübergehenden Beschilderung anzutreffen sind, aber auch bei der nachträglichen Anpassung bzw. Änderung von Vorwegweisern nicht ausbleiben.

 

     
 

Einheitliche Folientypen
Generell sollten auf einer Schildfläche nur Folien einer Retroreflexionsklasse mit gleichem Aufbau eingesetzt werden - in der Regel auch nur von einem Hersteller. Obwohl  z.B. mikroprismatische Folien der Klasse RA 2, in der Praxis der klassischen Folie Typ II (eingekapselte Mikroglasperlen) gleichgestellt sind, ergeben sich bei der Betrachtung im Scheinwerferlicht sichtbare Unterschiede, welche das Erscheinungsbild des Verkehrszeichens beeinträchtigen können. Entsprechend ist z.B. bei Ergänzungen bzw. Änderungen von Vorwegweisern in jedem Einzelfall zu prüfen, welche Reflexfolie (Hersteller, Rückstrahlwert, Folienaufbau, farbgebendes Verfahren usw.) am jeweiligen Standort eingesetzt wurde. Nach diesen Kriterien richtet sich dann Wahl der Folie für die jeweiligen Abdecktafeln bzw. Aufkleber. In der Praxis wird dieser Aufwand oft gescheut - Wegweiser in Patchworkoptik sind das Ergebnis. Doch selbst bei der Verwendung einheitlicher Folientypen können allein durch eine um 90° verdrehte Verklebung der Folie visuelle Unterschiede resultieren. Während in vielen Fällen nur ein unschönes bzw. unprofessionelles Gesamtbild des jeweiligen Wegweisers entsteht, kann die unsachgemäße Anwendung von Reflexfolien auch zur Beeinträchtigung der Lesbarkeit bzw. Erkennbarkeit führen, insbesondere wenn unterschiedliche Rückstrahlklassen auf einer Fläche eingesetzt werden.

Unterschiedliche Reflexfolien
(Abdecktafeln) auf einem Vorwegweiser

 

 

 

 

 

Die gleichen Anforderungen zur fachgerechten Anwendung von Reflexfolien liegen auch bei der Zusammenstellung vorübergehender Beschilderungen zu Grunde. Während es bei Einzelaufstellung in der Regel unschädlich ist, entlang einer Strecke Verkehrszeichen einer gemeinsamen Retroreflexionsklasse (z.B. RA 2) aber mit unterschiedlichem Aufbau (B oder C) einzusetzen, sollten bei der Kombination mehrerer Zeichen an einem Pfosten bzw. in einem Querschnitt stets einheitliche Folientypen eingesetzt werden. Idealerweise wird natürlich die komplette Beschilderung einer Arbeitsstelle in einem einheitlichen Folientyp ausgeführt. Leider ist dieser Anspruch in der Praxis nur schwer umzusetzen, da sich die visuellen Unterscheidungsmerkmale nur schwer auseinander halten lassen. Die nachfolgenden Zusammenstellungen der einzelnen Herstellerkennungen soll hierbei eine Hilfestellung geben.

Schilder mit unterschiedlichen Reflexionseigenschaften an einem Pfosten

 

 

 

 

 

Reflexfolien auf temporär eingesetzten Verkehrszeichen
Bei der Herstellung bzw. Überarbeitung temporärer, nicht gütegesicherter Verkehrszeichen, werden in der Praxis viele Fehler gemacht. Je nach Qualitätsanspruch des Unternehmens werden wahllos Folien verschiedener Hersteller, Rückstrahlklassen und Aufbau auf einem Schild vereint. Die Königsdisziplin ist jedoch die Verwendung konventioneller (nicht retroreflektierender) Folien auf retroreflektierenden Grundflächen. Da diese im Vergleich zu Reflexfolien nur einen Bruchteil des Lichts zurück zum Verkehrsteilnehmer reflektieren, werden insbesondere Farben von der meist weißen (retroreflektierenden) Grundfläche überstrahlt. Das Ergebnis sind graue bzw. schwarze Symbole, welche dazu führen, dass das jeweilige Verkehrszeichen nicht der geforderten Tag- / Nachtgleichheit entspricht. Wo z.B. am Tag (bei der Abnahme durch die Behörde) noch ein roter PKW auf einem Zeichen 276 zu sehen war, sind es bei Dunkelheit lediglich zwei schwarze PKW. Das Zeichen entspricht damit nicht der StVO. Ähnlich ist es beim Einsatz von Bundesstraßennummern bzw. ähnlichen Inhalten auf Planskizzen. Werden diese aus konventioneller, nicht retroreflektierender Folie hergestellt, sind sie praktisch nicht lesbar. 

 

 

 

 

 

Praxisbeispiel 1:

 

 

 

 

Der Sinn einer solchen Planskizze sei dahingestellt. Alle farbigen Inhalte (Zeichen 401, 455.1 und 250) wurden mit normalen Folien realisiert. Am Tag (und damit bei Abnahme) entspricht die Tafel den Anforderungen. Bei Nacht überstrahlt die retroreflektierende Grundfläche jedoch die farbigen Symbole, welche dadurch unlesbar werden. Die Tafel verfehlt damit ihren Zweck.

 

 

 

 

 

Praxisbeispiel 2:

 

 

 

 

Das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) richtet an einem Autobahnparkplatz eine Kontrollstelle ein. Ein Dienstleistungsunternehmen wird damit beauftragt, den Zulaufbereich entsprechend zu beschildern, in diesem Fall mit dem neuen Zusatzzeichen "auch Kraftomnibusse und Personenkraftwagen mit Anhänger" zu Zeichen 277 (siehe StVO-Neuerlass 2013). Das Dienstleistungsunternehmen hat die entsprechenden Zeichen nicht vorrätig, und fertigt die benötigten Schilder kurzerhand selbst. Als Grundlage dienen Zeichen 250 sowie Zeichen 1049-13 (Abbildung 1). Das Sinnbild für Fahrzeuge über 3,5t für Zeichen 277 wird aus gewöhnlicher roter Klebefolie gefertigt. Das LKW-Sinnbild auf dem Zusatzzeichen wird mit gewöhnlicher weißer Klebefolie überklebt (Abbildung 1a). Am Tag sind die Unterschiede sichtbar aber unschädlich, bei Nacht hingegen ergibt sich durch die Unlesbarkeit des Wortes "auch" eine ganz andere Bedeutung - sofern man die Zeichen überhaupt für gültig erachtet.

 

 

 

 

 

Praxisbeispiel 3:

 

 

 

 

Der Wegweiser selbst ist aus Folie RA2/C (Mikroprismen) gefertigt. Abgesehen von den unnötig lang ausgeführten Rohren zur Befestigung der Abdecktafeln, ist auf diesen Tafeln eine Folie der Klasse RA2/B (also eingekapselte Mikroglasperlen) aufgebracht. Entsprechend wirken diese Tafeln dunkler. Im Bereich der oberen Abdecktafel wurde das Fernziel auf dem Wegweiser zusätzlich abgedeckt, mit einer offensichtlich gebrauchten Tafel aus Folie RA2/C. Besonders bemerkenswert ist aber das Zeichen 460 oben links. Das Schild selbst ist ursprünglich rechtsweisend und aus Folie RA2/C gefertigt. Da jedoch die linksweisende Variante benötigt wurde, hat man den Pfeil mit blauer Folie der Klasse RA2/B überklebt - folglich wirkt auch dieser Flicken dunkler. Weil auch die auf dem Schild vorhandene Nummer geändert werden musste, wurde diese ebenfalls mit blauer RA2/B Folie beklebt. Offensichtlich haben technische Unzulänglichkeiten (Folien vom Aufbau B und C lassen sich auf konventionellen Schneideplottern nur schlecht bis gar nicht verarbeiten) dazu geführt, die neue Zahl aus Folie RA1/A zu fertigen. Der neue Pfeil hingegen besteht aus Folie RA3/C, weshalb er auch so hervorsticht. Im Ergebnis wurden also allein beim Umleitungsschild vier verschiedene Reflexfolien eingesetzt.

 

 
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